In vielen Bereichen des Lebens werden Unterschiede zwischen Männern und Frauen betont, aber in der Medizin wurden die Unterschiede zwischen den Geschlechtern oft ignoriert. Es ist wichtig, dass wir sensibler mit diesen Unterschieden umgehen und sie berücksichtigen. Sogar in der Kosmetik gibt es einen Unterschied zwischen den Geschlechtern.
Es ist wirklich erstaunlich, wie wenig die Unterschiede zwischen Mann und Frau in der klinischen Routine oder in der Fachliteratur wahrgenommen werden, obwohl wir uns im Zeitalter der personalisierten Medizin befinden. Das kann wirklich weitreichende Folgen haben und die Gesundheit gefährden. Ein gutes Beispiel dafür ist der Herzinfarkt. Die Symptome können bei Männern und Frauen unterschiedlich sein, und es ist wichtig, dass dies erkannt wird, um die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten.
Frauen haben vor Herzinfarkten oft andere Symptome wie Engegefühl und diffuse Beschwerden, die nicht den typischen Symptomen entsprechen. Das führt dazu, dass Herzinfarkte bei Frauen oft schlechter erkannt und behandelt werden, was die Überlebenschancen erheblich beeinträchtigen kann. Es ist wirklich wichtig, dass wir uns mehr auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Medizin konzentrieren:
– In der klinischen Routine oder in der Fachliteratur werden die Unterschiede zwischen Mann und Frau kaum wahrgenommen, obwohl das Zeitalter der personalisierten Medizin begonnen hat.
– Die personalisierte Medizin ermöglicht es, Therapiekonzepte für einzelne Gene abzustimmen und hat damit weitreichende Folgen für die Gesundheit.
– Ein bekanntes Beispiel für die Unterschiede zwischen Mann und Frau ist der Herzinfarkt. Männer erleben typischerweise starke Schmerzen in der Brust, die in Arme, Beine oder Hals ausstrahlen können. Frauen hingegen berichten eher von einem Engegefühl und haben oft diffuse Symptome.
– Da die Symptome bei Frauen nicht den typischen geltenden Symptomen entsprechen, werden Herzinfarkte bei ihnen oft schlechter erkannt und behandelt. Das schmälert die Überlebenschancen nach einem Koronar-Ereignis erheblich.
Östrogene haben also einen schützenden Effekt auf das Herz bei Frauen vor den Wechseljahren. Sie regulieren nicht nur den Zyklus, sondern beeinflussen auch die Blutgerinnung und erweitern die Blutgefäße. Dadurch können sie vor Ablagerungen in den Gefäßen schützen. Aber wenn das Östrogenlevel in den Wechseljahren sinkt, lässt dieser Schutz nach und das Herzinfarktrisiko steigt auch bei Frauen.
Es ist demnach also wichtig, dass weitere Forschung betrieben wird, um diese geschlechtsspezifischen Unterschiede zu verstehen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Unterschiede zu verringern. Dahinter verbergen sich oft soziale Faktoren, diese werden aber häufig leider (noch) nicht erhoben.
Relevant ist heute; Gendermedizin untersucht die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, um Fehldiagnosen und fehlende Diagnosen zu vermeiden und die Gesundheit aller zu verbessern. Es ist interessant zu sehen, wie sich Symptome und Krankheitsbilder bei Männern und Frauen unterscheiden können. Es ist wichtig, dass die medizinische Forschung diese Unterschiede berücksichtigt und Therapien für alle Geschlechter zugänglich macht.
Weibliches «Aua», männliches «Autsch»?
Studien zeigen, dass Frauen schmerzempfindlicher sind und Schmerzen weniger gut tolerieren als Männer. Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen dafür, wie genetische, hormonelle und auch soziale Faktoren. Es ist faszinierend, wie das Geschlecht Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung haben kann.
Es bestehen tatsächlich Unterschiede in der Sozialisierung von Jungen und Mädchen, die sich auf ihre Schmerztoleranz auswirken können. Schmerzforscher Jeffrey Mogil hat in seinen Experimenten sogar entdeckt, dass es bei Mäusen unterschiedliche Schmerzrouten gibt.
Bei männlichen Mäusen läuft der Schmerzprozess über Mikroglia, während weibliche Mäuse T-Zellen nutzen. Es ist erstaunlich, wie Testosteron den Schmerzweg beeinflussen kann. Wenn viel Testosteron vorhanden ist, läuft der Weg über Mikroglia, aber bei niedrigen Testosteronwerten wechselt die Route auf T-Zellen. Es gibt also viele interessante Aspekte, die die Schmerzwahrnehmung beeinflussen können!
Tatsächlich ist es ethisch nicht vertretbar, solche Experimente am menschlichen Körper durchzuführen. Aber wie Jeffrey Mogil betont, ist es durchaus möglich, dass es auch beim Menschen verschiedene Schmerzrouten gibt, die mit hormonellen Levels verbunden sind. Es sei faszinierend zu bedenken, wie komplex unser Schmerzempfinden ist.
Es finden sich zwar nicht viele Studien zu Menschen vor, die nicht in das binäre Geschlechtssystem fallen, aber Hinweise aus kleinen Studien an Transgender-Personen bestehen. Bei einer Hormonbehandlung von weiblich zu männlich wurde beobachtet, dass sich die Schmerzen verringerten.
So ist es aufschlussreich, zu sehen, wie sich Schmerzreaktionen im Laufe des Lebens verändern können, vor allem in Verbindung mit Hormonspiegeln. In Zukunft könnten unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten und Schmerzmittel entwickelt werden, die die individuellen Unterschiede und Hormonlevel berücksichtigen. Jeffrey Mogil ist davon überzeugt.
Wenig Daten von Frauen
Die Tatsache, dass der männliche Körper als Prototyp in der Medizin gilt, hat sowohl gesellschaftlich-historische als auch medizinische Gründe. Ärzte waren überwiegend männlich, daher lag ihr Fokus auf der Erforschung des eigenen Geschlechts. Frauen wurden jahrhundertelang als «anders» betrachtet, und Phänomene, die im weiblichen Körper existierten, wurden mit merkwürdigen Theorien erklärt.
Es ist verblüffend, wie sich diese Vorstellungen im Laufe der Zeit entwickelt haben. Frauenkörper galten als kompliziert und unberechenbar aufgrund der Veränderungen der Hormonlevel während des Zyklus. Das führte dazu, dass Grundlagenforschung und klinische Studien für neue Medikamente oft nur an männlichen Organismen durchgeführt wurden, da es einfacher war, die Auswirkungen zu messen. Es ist wirklich paradox, wie sich die Wahrnehmung des weiblichen Körpers in der Medizin im Laufe der Zeit verändert hat.
1. «Das hat gesellschaftlich-historische und medizinische Gründe.»
2. «Frauen galten jahrhundertelang als ‹anders›.»
3. «Phänomene, die im männlichen Körper nicht existierten, wurden mit merkwürdigen Theorien erklärt.»
4. «Im alten Griechenland glaubte man beispielsweise, dass der Uterus im Körper umherwandert.»
5. «Frauenkörper gelten als kompliziert und unberechenbar, da sich die Hormonlevel während des Zyklus verändern.»
6. «Grundlagenforschung und klinische Studien für neue Medikamente wurden oft nur an männlichen Organismen getestet, da es so leichter messbar ist, was passiert.»
7. «Obwohl man jahrhundertelang Frauen als ‹anders› dargestellt hat, ging man in der Medizin irgendwann davon aus, dass ein Körper einfach ein Körper ist, unabhängig vom Geschlecht.»
Die Pharmaindustrie hat früher oft Frauen im gebärfähigen Alter von klinischen Studien ausgeschlossen, aus Angst vor möglichen Risiken für ungeborene Kinder. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Contergan-Skandal in den 1960er-Jahren. Dabei wurden weltweit etwa 12.000 Kinder durch das Medikament geschädigt.
Hinsichtlich der Begriffe «Sex» und «Gender»
Das biologische Geschlecht bezieht sich auf die körperlichen Merkmale wie Chromosomen, Hormone und Genitalien, die Männer und Frauen unterscheiden. Das soziale Geschlecht, auch «Gender» genannt, bezieht sich auf die unterschiedliche soziale Stellung von Frauen und Männern in einer Gesellschaft.
Dieses soziale Geschlecht umfasst Bereiche wie Arbeit, Familie, Bildung und Freizeit. Es ist wichtig zu beachten, dass das soziale Geschlecht nicht unbedingt mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmen muss. Geschlechtsspezifische Unterschiede spielen eine zentrale Rolle in gesundheitliche Fragen, da beispielsweise der Erwerbsstatus Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit haben kann.
Männer, die nicht erwerbstätig sind, berichten genauso häufig über gesundheitliche Probleme wie nicht erwerbstätige Frauen. Es scheint, dass Arbeitslosigkeit sich stärker auf die Gesundheit von Männern auswirkt.
Ein anderes Beispiel zeigt, dass Frauen häufiger ärztliche Hilfe suchen, was mit der sozialen Geschlechterrolle zusammenhängen kann, in der Frauen traditionell als verletzlicher angesehen werden, und die Fürsorge im Mittelpunkt steht. Insgesamt haben sowohl das biologische als auch das soziale Geschlecht Auswirkungen auf Prävention, Diagnostik, Verlauf und Therapie von Krankheiten.
Heute verlangt die Heilmittelbehörde Swissmedic explizit, dass beide Geschlechter in Studien vertreten sein müssen, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Medikamenten zu testen. Ebenso machen sich Bemühungen bemerkbar, geschlechtsspezifische Medizin in die medizinische Ausbildung zu integrieren.
Überdies gibt es politische Vorstöße zur Gendermedizin. Trotzdem zeichnet sich ein beachtlicher <<Gender Data Gap>> ab, <,da vor allem viele Daten zum weiblichen Organismus fehlen, und man dadurch teilweise noch nicht einmal Aussagen über die Unterschiede treffen kann,>, sagt Scheidmantel.
Beispielsweise fehlt es an Wissen, was die Kinetik (Mechanik/Bewegung) der Medikamente anbelangt. Der Abbau ist bei Frauen deutlich anders aufgrund von anderen Wasser-, Muskel- und Fettanteilen. Unerwünschte
Nebenwirkungen von Medikamenten treten deshalb bei Frauen doppelt so häufig auf wie bei Männern, und manchmal würden Frauen auch davon profitieren, wenn die Dosis von Medikamenten kleiner wäre.
Bekunde eine Patientin (oder ein Patient!) Mühe mit einer Medikation aufgrund von Nebenwirkungen, dann solle man als Fachperson die Anpassung der Dosis aufgrund von Geschlechtsunterschieden im Bewusstsein haben, begründet die Professorin für geschlechtersensible Präventionsforschung Gertraud Stadler.
Auch Sarah Scheidmantel plädiert dafür, dass man in Drogerien und Apotheken bei der Beratung Symptome und Beschreibungen der Kundschaft ernst nimmt, genau nachfragt und zuhört. <<Sensibilisierung und Individualisierung sind zentral, denn auch in der Gendermedizin versucht man zunehmend, individual-therapeutische Konzepte einzubauen. Stereotype und Vorurteile sind dabei nur Hindernisse. >>
Kosmetik als Anregung zur Konsumation
Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen sich nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Kosmetik. Früher hatten sowohl Männer als auch Frauen Make-up verwendet. Denken Sie nur schon an die geschminkten Augen der alten Ägypter und an Ludwig XIV., den Sonnenkönig, der sich geschminkt und gepudert hatte.
Vor etwa 150 Jahren begann jedoch die Hygienebewegung, die weibliche und männliche Schönheitsstandards veränderte. Kosmetika wurden dann mehr mit der weiblichen Sphäre in Verbindung gebracht. Heutzutage überbordet das Angebot an Kosmetika für Frauen, was auch damit zusammenhängt, dass der Konsum und der öffentliche Raum früher sehr männlich geprägt waren.
Die Kosmetikindustrie konnte die Lücke füllen, indem sie Produkte entwickelte, die die aufkommende Sichtbarkeit von bürgerlichen Frauen in der Öffentlichkeit widerspiegelten. Frauen wie Elise Bock und Helena Rubinstein erkannten dies und gründeten ihre eigenen Kosmetikunternehmen.
Die Geschlechterrollen und die Vorstellung, dass Frauen schön und attraktiv sein müssen, sind tief in unserer Gesellschaft verankert. Kapitalistische Strukturen begünstigen diese Entwicklung weiter, da Unternehmen durch die Trennung von männlichen und weiblichen Produkten mehr Profit erzielen können.
Es ist absurd, dass Kosmetikprodukte für Frauen oft teurer sind, aber gleichzeitig über eine schlechtere Qualität verfügen. Unzählige Frauen haben es so verinnerlicht, dass es spezielle Produkte für sie gibt, und sie deshalb keinen Männerrasierer nutzen. Aber wussten Sie schon, dass der erste Frauen-Rasierer, der «Milady Decolette», bereits 1915 auf den Markt gebracht wurde?
Es besteht auch ein gesellschaftlicher Druck, indem etliche Personen des Umfelds vieler Frauen komisch reagieren, falls diese ein Produkt benutzen, das eigentlich nicht für das eigene Geschlecht gedacht ist. Aber das ist doch fragwürdig und sehr komisch, oder? Und insbesondere ist das problematisch, besonders für diejenigen, die nicht in diese binären Strukturen hineinpassen. Wir sollten diese Vorurteile und Stereotypen wirklich hinterfragen und uns für Gleichberechtigung einsetzen!
Genderneutrale Kosmetik
Jene zahllosen Kosmetikprodukte für Frauen, welche oft teurer sind als Männerkosmetik, aber gleichzeitig eine schlechtere Qualität besitzen, nennt man übrigens «Pink Tax» oder «Gender Pricing».
In den letzten Jahren ist ein neuer Trend auf dem Kosmetikmarkt aufgetaucht: geschlechtsneutrale Produkte. Die Diskussion darüber, was eigentlich Männer und Frauen ausmacht, wird gerade neu geführt. Ein wachsendes Bewusstsein zeichnet sich ab, dass es auch Trans-, nicht binäre und genderfluide Menschen gibt.
Die Kosmetikindustrie passt sich dieser Diskussion an und entdeckt einen neuen Markt mit Unisex-Produkten. Die Idee von Unisex-Produkten ist jedoch nicht neu. Bereits 1994 hat Calvin Klein das Parfum «CK One» als erstes unisex Parfum vermarktet. Allerdings wird besonders die Diskussion hinsichtlich Parfums immer absurder, nämlich darüber, was männlich und was weiblich riecht.
S. Keller: «Aber gut, ändert sich bezüglich «männliche und weibliche Medizin und Kosmetik» sowie allgemein hinsichtlich des Verständnisses über die verschiedenen Geschlechter doch allmählich einiges zum Positiven!»
Quelle, Zeitschrift für Drogisten «Wirkstoff»/7-8/2023
Autorin, S. Keller